Millionenprojekt für behinderte Menschen
Felix ist 18 Jahre alt und schwerbehindert. Seine Mutter Sandra Frank sucht seit drei Jahren nach einem Heim- und Arbeitsplatz für ihn. 40 Einrichtungen haben sie bereits angeschaut und überall wurde Felix abgelehnt. „Zu pflegeintensiv.“ Bei zwei Heimen immerhin steht Felix jetzt auf der Warteliste. Beide sind etwa 200 Kilometer von seinem Zuhause entfernt. Das kann einfach nicht sein, hat sich nicht nur Sandra Frank gedacht. Auch Sandra und Claus Hempfling sind Eltern zweier schwerbehinderter Kinder, Pflegegrad vier. Die Krankenkassen definieren das als „schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“.
Gemeinsam mit weiteren Eltern haben sie 2020 den Verein „Wir sind alle gleich“ gegründet und seither ein großes Ziel vor Augen: Wohn- und Arbeitshäuser für 25 bis 30 behinderte Bewohner schaffen. In Waischenfeld. Ein Projekt, das dem Gedanken des Bundesteilhabegesetzes, der vor allem in der Region noch so dürftig umgesetzt wird, gerecht wird. Denn in der Region gibt es nur wenig Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten für behinderte Menschen, klagen sie. Doch bis es so weit ist, haben die Mitstreiter rund um Claus Hempfling und Sandra Frank noch viel zu leisten.
Als nächstes Ziel haben sie sich einen Finanzplan vorgenommen. Rund 90 Prozent der Bausumme, die auf über zwölf Millionen Euro geschätzt wird, wollen sie über Zuschüsse zusammenbekommen, die restlichen zehn Prozent über Spenden und Eigenmittel. Mit dem Bezirk, der Regierung und der Oberfrankenstiftung wurde bereits gesprochen, und als Letztes hatten sie ein Gespräch mit Barbara Stamm – seit 2001 ist die Politikerin Vorsitzende der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung. „Sie hat uns Unterstützung zugesichert, weil es ein Elternprojekt ist“, sagt Hempfling. Auch in der Bevölkerung findet das Vorhaben breite Unterstützung. „Alle örtlichen Vereine machen mit und alle wollen gerne helfen“, erklärt Sandra Frank. Immer wieder gebe es Spendenaktionen. Auch die Kurier-Stiftung „Menschen in Not“ wirkt mit. „In Waischenfeld gibt es einen unglaublichen Zusammenhalt.“ Bürgermeister Thomas Thiem hat dem Verein ein Grundstück reserviert. Der Stadtrat steht hinter der Idee.
Und noch etwas treibt Claus Hempfling um. Der Gedanke, das „Dorf im Dorf“, wie er es nennt, klimaneutral und energieautark zu betreiben. „Das können wir erreichen mit einer Holzständerbauweise und Stroh.“ Die passende Architektin hat Hempfling bereits gefunden. Valerie Madoko Naito aus Dresden hat ein nachhaltiges Konzept entwickelt und baut mit gepressten Strohballen. Ein traditioneller Baustoff, der sich wunderbar verarbeiten lässt, so Naito. In Sachsen hat sie in diesem Jahr bereits ein kleines Strohhaus verwirklicht und in Waischenfeld soll es dann eine ganze Strohballensiedlung werden, so der Wunsch der Vereinsmitglieder.
Sandra Hempfling: „Im Grunde wollen wir nichts anderes, als das, was sich jeder von uns vom Leben erträumt. In Waischenfeld soll Inklusion gelebt werden.“ Wobei das nicht einfach ist. Ein Schulkamerad des Sohnes Lucas der Familie Hempfling ist im Dezember 2015 im Alter von 13 Jahren an Muskeldystrophie verstorben. „Leider ist der Tod ein ständiger Begleiter“, sagt Claus Hempfling. „Im Februar ist ein junger Mann aus Eichenbirkig mit 21 verstorben, für den ein Apartment fest eingeplant war.“