Sparen, bis es fast nicht mehr geht
„Jetzt ist Mitte des Monats und ich habe noch 100 Euro,“ sagt die Seniorin. Solche und ähnliche Fälle häufen sich. Deshalb heißt es auch für unsere Stiftung „zurück zu den Wurzeln“, zurück zu den Aufgaben, mit denen das einstige Hilfswerk „Menschen in Not“ vor vier Jahrzehnten ganz klein angefangen hat: Finanzierung von Lebensmitteln für diejenigen, die am Rande der Gesellschaft stehen. So lässt sich beschreiben, was die 2007 zur Stiftung umgewandelte Aktion im vergangenen Jahr hauptsächlich zu bewältigen hatte.
430 Lebensmittelgutscheine (je 30 Euro) sind in enger Kooperation mit der Arbeiterwohlfahrt an Senioren ausgegeben worden, die steigende Lebensmittelpreise und Energiekosten an den Rand der Existenznot gebracht haben. Und diese Gutscheine gab es ergänzend zu den Weihnachtstüten, die natürlich auch an diesem Fest nicht fehlen durften. Vorsichtshalber auch im Jahr 2022 noch corona-konform als Gutscheine.
Für die Tafel, die ebenfalls längst am Rand ihrer Möglichkeiten angelangt ist, und deren Kunden nur noch im 14-tägigen Rhythmus einkaufen konnten, vielleicht eine kleine Entlastung. Eine größere Entlastung war es sicherlich, dass auch „Menschen in Not“ palettenweise Lebensmittel kaufte, die von den Tafelhelfern dann an den Ausgabetagen abgeholt und zusätzlich verteilt werden konnten. Die Schlangen vor der Tafel-Tür waren trotzdem riesig.
Andreas Heinkel, seit kurzem neuer Geschäftsführer des Kuriers, und damit qua Amt auch Stiftungsvorsitzender: „Mit der Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen ist die Kurier-Stiftung in diesem Jahr im Prinzip wieder zu ihren Kernaufgaben zurückgekehrt. War es in den vergangenen Jahren möglich, auch immer wieder mal besondere Projekte zu finanzieren, wie etwa eine Betreuungs-Rikscha für Senioren, musste in den letzten Monaten vor allem Basisarbeit geleistet werden. Fast tausend von rund 16.000 Rentnern allein in der Stadt Bayreuth – und das sind Zahlen aus dem Jahr 2019, aktuellere gibt es noch nicht – erhalten Leistungen vom Sozialamt. Es ist davon auszugehen, dass sich die Zahl in der Zwischenzeit drastisch erhöht hat.
Mit den Lebensmittelgutscheinen, die über die Arbeiterwohlfahrt verteilt werden, ist es gelungen, die Situation für manche Rentner ein bisschen zu verbessern.
Darüber hinaus haben die Einzelfallhilfen, die von der Stiftung genehmigt werden, zugenommen. Auch hier geht es in erster Linie darum, drohende Stromsperrungen zu vermeiden, es geht um Überbrückungsgelder, um die Beschaffung lebensnotwendiger Dinge, wie Waschmaschine, Herd oder auch Autoreparaturen und behindertengerechte Fahrzeugumbauten, die von vielen in prekären Situationen lebenden Menschen einfach nicht mehr geleistet werden können.“ Die Armut ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und dabei ist das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht. „Der Alltag wird von Tag zu Tag teurer,“ sagt eine Seniorin, die von einer Erwerbsminderungsrente lebt und mit 300 Euro jeden Monat auskommen muss. „Und das, obwohl ich, seit ich 16 Jahre alt bin, gearbeitet habe.“ Gekocht wird einmal am Wochenende, sonst gibt es meist Brot mit Ketchup drauf. Von sozialen Kontakten oder mal einem Konzertbesuch ganz zu schweigen. „Das fehlt mir schon sehr,“ sagt sie. Kathrin Dörfler von der Mobilen Seniorenberatung der Stadt Bayreuth, die gemeinsam mit ihrer Kollegin ebenfalls Lebensmittelgutscheine der Kurier-Stiftung verteilt hat, sagt dazu: „Aufgrund der aktuellen Preissteigerung reicht vielen Hilfesuchenden das Geld nur noch für das Nötigste. Und die Senioren sollen sich doch für die Feiertage mal etwas besonderes leisten können.“
Und dennoch: Trotz steigender Ausgaben ist es gelungen, das Rikscha-Netzwerk, das mit der Anschaffung einer Betreuungs-Rikscha für die Alzheimer-Gesellschaft seinen Anfang nahm, auszuweiten. Am 18. März 2022 wurde ein Fun-to-go-Rad an die Gemeinde Heinersreuth überreicht, um Senioren und behinderte Menschen ein Stück weit zurückzubringen ins Leben und Teilhabe zu ermöglichen.
430 Lebensmittelgutscheine in nicht einmal zwölf Monaten sind bislang über die Arbeiterwohlfahrt verteilt worden. Begonnen wurde Ende April 2022.
Hinzu kommt die Weihnachtsaktion: 1.379 Gutscheine wurden verteilt.
Fast 304.000 Euro wurden 2022 für Einzelfall- und Projektförderung ausgegeben, wobei die Stiftung erst dann bei der Anschaffung lebensnotwendiger Dinge hilft, wenn keine Kostenübernahme durch öffentliche Träger erfolgt. Dazu zählen mittlerweile auch Medikamente und Behandlungen, die die Krankenkassen nicht mehr leisten (Zuzahlung zum Zahnersatz, Rehamaßnahmen).
Diese Unterstützung war und ist nur möglich, weil es viele Menschen gibt, denen die Not anderer nicht gleichgültig ist. Herzlichen Dank an alle Spender, Unternehmen, Förderer, Freunde und Kooperationspartner unserer Stiftung für die großzügigen Spenden! Sie können sicher sein, dass die Spende zu 100 Prozent den Bedürftigen zugutekommt.